Bauherrn können schon bei der Planung ihrer Immobilie und der Baustelle auf Nachhaltigkeit setzen – und so wertvolle Ressourcen schonen.  - iStock/AleksandarNakic

Tipps für die nachhaltige Baustelle

26.04.2023

Drei Hebel für den ressourcenschonenden Hausbau.

Autor: Christian Dose, Frankfurt am Main

 

Verpackungsabfälle, Bauschutt, Bodenaushub: Bau- und Abbruchabfälle machen in Deutschland den größten Teil des Abfallaufkommens aus. Der Abfall auf Baustellen ist jedoch nur die eine Seite des Problems – die Kehrseite ist der Ressourcenverbrauch. Doch wie gelingen der ressourcenschonende Einsatz und die Wiederverwertung von Baustoffen? Die Lösung heißt Kreislaufwirtschaft. Schwäbisch Hall-Architekt Sven Haustein erklärt, wie Bauherren Abfall vermeiden, Ressourcen schonen und Bestehendes wiederverwerten können.

Wer den Gedanken der Kreislaufwirtschaft umzusetzen möchte, kann an unterschiedlichen Stellen ansetzen: bei der Nutzung alternativer Rohstoffe, beim Rückgriff auf ressourcensparende Bauweisen oder bei der Sanierung älterer Gebäude anstelle von Abriss und Neubau.

Hebel 1: Bestand erhalten und Material nutzbar machen

Vor Beginn des Bauprojekts sollte sich der Bauherr überlegen, ob er ein bestehendes Gebäude weiter- oder umnutzen könnte. Ist der Bau einer neuen Immobilie vorgesehen, sollten Materialmengen bereits vor der Bauphase richtig kalkuliert und überlegt eingekauft werden, sodass wenige Reste entstehen. Wird eine große Menge eines Baustoffs benötigt, haben Bauherren je nach Material die Möglichkeit, auf größere Gebinde zurückzugreifen – das bedeutet: weniger Verpackungsmüll.

Gleichzeitig lohnt sich die Auswahl von langlebigen Gütern. Denn: Ein Großteil der in Deutschland verwendeten Rohstoffe bleibt langfristig in Gebäuden gebunden. Ziel wird es in Zukunft sein, die gebundenen Rohstoffe nach der Nutzung zurückzugewinnen und Gebäude als Sekundärrohstoffquelle zu verwenden. Eine solche Wiederverwertung wird erleichtert, wenn langlebige Materialien und Güter beim Bau zum Einsatz kommen. Die Verwendung von grünen, langlebigen Baustoffen erleichtert das Recycling im Anschluss und wirkt sich zusätzlich positiv auf die CO2-Bilanz aus. „So lässt sich zum Beispiel Beton zumindest teilweise durch verschiedene nachhaltige und leicht recycelbare Alternativen ersetzen. Auch Materialien für die Wärmedämmung können aus nachwachsenden Rohstoffen wie Holzfasern, Zellulose aus Altpapier, Schafwolle, Flachs, Stroh oder Hanf gewonnen werden“, erklärt Haustein.

Wer nach der Cradle-to-Cradle-Bauweise baut, setzt auf Recycelbarkeit und hat den Gedanken von Gebäuden als Sekundärrohstoffquelle perfektioniert: „Vom Ursprung zum Ursprung“ besagt, dass alle Güter so produziert und verwendet werden, dass am Ende keinerlei Abfall anfällt. Neue Gebäude werden entsprechend so entworfen und gebaut, dass sie beim Rückbau vollständig und einfach recycelbar sind – und damit quasi als Langzeitlager für Rohstoffe dienen. Um hier den Überblick zu behalten, werden derzeit Materialinventare und -kataster erprobt. Ziel: Verbaute Materialien und eingesetzte Stoffe mit ihren Umwelteigenschaften, Einbauweisen, Herstellerinformationen sowie notwendigen Aufbereitungstechniken zukünftig dokumentieren zu können.

Hebel 2: Abfallmaterialien recyceln

„Downcycling“ lautet hier das Stichwort: Damit ist die Weiterverarbeitung von Materialien zu einem weniger wertigen Endprodukt gemeint. Während die Recycelbarkeit ganzer Gebäude das langfristige Ziel sein sollte, empfiehlt sich auch das Downcycling von einzelnen Bau- und Abrissabfällen. Vor Ort auf der Baustelle können Bauabfälle wie zum Beispiel mineralische Abbruchstoffe zerkleinert und zum Auffüllen von Kellergruben oder Gräben, für Bodenbeläge sowie für das Ebnen von Geländen wiederverwendet werden. Das spart nicht nur Abfall, sondern auch Geld – denn der Abtransport von Abrissmaterial kann teuer werden.

„Nicht alle Abfälle und Materialien können langfristig wiederverwertet werden. Die clevere, kurzfristige Wiederverwertung verlängert aber zumindest ihre Nutzungsdauer. So kann die Verpackungsfolie der Dämmung beispielsweise für das Abkleben der Fenster beim Anstrich oder für das Sammeln von weiteren Abfällen verwendet werden“, weiß der Experte. Genauso kann der Verpackungskarton beim Verputzen oder Streichen am Boden ausgelegt werden.

Hebel 3: Abfall weitestgehend vermeiden

Es gibt Unternehmen, die eine kostenlose Abholung sowie das Recycling von sauberen Materialresten auf der Baustelle anbieten. Aber nicht alle Abfälle können sinnvoll recycelt werden. Deshalb sollten sie nach Möglichkeit vermieden werden. „Hier lässt sich nur mit guter Planung vorsorgen. Gebäude können vorausschauend konzipiert werden, sodass sie in Zukunft weniger Umbaumaßnahmen benötigen, zum Beispiel, wenn das Eigenheim später an eine veränderte Lebenssituation angepasst werden soll“, erklärt Sven Haustein. „Gänzlich werden Abfälle allerdings nicht vermieden werden können.“

Deshalb empfiehlt sich für Bauherren zusätzlich zur vorausschauenden Planung direkt beim Hersteller zu kaufen: Tischler statt Möbelhaus, Sand aus der Schottergrube statt aus dem Baumarkt – so lässt sich meist Verpackungsmüll sparen und damit der Abfall auf der Baustelle reduzieren.

Ein weiterer Tipp: Farben sind teilweise in Pulverform erhältlich. Dadurch gestaltet sich die Verpackung weniger ressourcenintensiv und das Gewicht ist niedriger. Der Vorteil: weniger Müll und zudem ein geringerer Energieaufwand beim Transport.

„Es wird noch etwas dauern, bis wirklich jeder Aspekt des Bauprozesses zu hundert Prozent nachhaltig gestaltet werden kann – nicht nur in Bezug auf die Wiederverwertbarkeit von Baumaterialien oder die Abfälle, die während des Bauens anfallen, sondern auch bezüglich der Emissionen der Maschinen, die auf der Baustelle zum Einsatz kommen“, betont Sven Haustein.

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